Rasieren oder nicht Rasieren?

Rund neun von zehn Frauen entfernen ihre Körperbehaarung, da diese von der Gesellschaft immer noch als Tabu angesehen wird. Zwei Studentinnen aus Wien, Alicia und Emilia, teilen in einem Gespräch mit Klammerauf ihre Erfahrungen zum Thema Körperbehaarung.

Klammerauf: Mit welchem Alter habt ihr euch das erste Mal Gedanken über Körperbehaarung gemacht und wann ist euch aufgefallen, dass die Gesellschaft diese bei Frauen nicht als konventionell schön ansieht?

Emilia: Tatsächlich war das bei mir schon ziemlich früh – so mit zehn oder elf Jahren. Aufgefallen ist mir das hauptsächlich durch die Werbungen für Rasierer und Wachsstreifen. Dadurch habe ich mitbekommen, dass von Frauen erwartet wird, dass sie rasierte Beine haben. Danach habe ich meine Mama gefragt, ob ich das jetzt auch machen muss.

Alicia: Mir fiel das das erste Mal in der Volksschule auf. Ein paar Klassenkamerad*innen haben meine Armbehaarung angesprochen. Als Kind weiß man ja noch nicht so viel über den menschlichen Körper und die Pubertät, deswegen schätze ich, waren sie neugierig. Es war sehr unangenehm und kratzte ziemlich an meinem Selbstbewusstsein.

Klammerauf: Hat sich eure Einstellung zu Körperbehaarung über die Jahre verändert?

Emilia: Als Kind dachte ich, dass rasieren etwas Spaßiges sei. Die Personen in den klischeehaften Werbungen hatten immer so viel Freude dabei. Heute ist es eher etwas Automatisches. Ich mache es fast immer, wenn ich duschen gehe. Ich mag das Gefühl glatte Beine zu haben.  

Alicia: Sehr viel, ja. Es war immer ein Auf und Ab von Scham bis Stolz. Anfangs war es mir extrem peinlich, da andere Mädchen in meiner Klasse nicht so dunkle Haare hatten wie ich. Dann war es mir für eine Zeit egal, später war ich dann Stolz auf meinen Körper. Dazwischen war es mir immer wieder peinlich. Mittlerweile stehe ich neutral dazu.

Jede*r wie sie*r will

Klammerauf: Warum entscheidet ihr euch für das Rasieren oder gegen das Rasieren und werdet ihr bei euren Entscheidungen beeinflusst?

Emilia: Ich würde jetzt mal sagen, dass ich es mache, weil ich es persönlich so will, hauptsächlich für mein eigenes körperliches Wohlbefinden. Aber auch, weil es durch die Gesellschaft zu etwas „Normalem“ gemacht wurde. Es wurde uns eingedrillt, dass Haare auf Beinen, in den Achseln oder im Intimbereich nicht gesehen werden wollen. Glücklicherweise habe ich ein unterstützendes persönliches Umfeld, welches diese Meinung nicht vertritt. Meine Freunde sehen das Thema locker an. Jede*r macht das, was sie*r will.

Alicia: Wenn ich mich rasiere, dann aus persönlichen Gründen. Natürlich war der Anlass, wieso ich damals angefangen habe mich zu rasieren, nicht mein persönliches Wohlbefinden. Als Frau spürt man einen Druck, dass man relativ haarlos sein soll. Aber ich würde sagen, dass mich die Gesellschaft nicht mehr so stark beeinflusst wie früher.

Klammerauf: Welche Rolle spielt Social Media hierbei?

Emilia: Ich denke, dass Social Media keinen direkten Einfluss auf meine Körperbehaarung hat. Mir kommt aber vor, dass rasierte Haut von Frauen auf Social Media als Norm vermittelt wird. Viele Künstler*innen, denen ich auf Instagram folge, zeichnen weibliche Charaktere mit sozusagen „perfekter Körperbehaarung“, also viele Haare bei den Augenbrauen und am Kopf, aber keine Haare auf den Armen und am restlichen Körper. Social Media stärkt unbewusst diese Norm in meinem Inneren. Es ist also etwas was mich eher passiv beeinflusst.

Alicia: Also durch die ganzen Algorithmen sind die Social Media Plattformen ja auf eine*n persönlich zugeschnitten. Bei mir scheinen deswegen fast nur positive Dinge auf, da ich vielen Personen folge, welche über Body-Positivity posten. Man muss einfach so gut es geht versuchen sich von der negativen Social-Media Seite, welche sich schlecht auf das eigene Wohlbefinden auswirkt, fernzuhalten. Ein guter Anfang dabei ist, Personen zu entfolgen, die schlechte „Vibes“ verbreiten.

(c) Anna-Maria Wegscheider

Die Blicke der anderen

Klammerauf: Fühlt ihr euch unwohl, wenn ihr unrasiert aus dem Haus geht?

Emilia: Es kommt auf die Situation an. Beispielsweise bei unrasierten Achseln und einen Pullover ist es mir egal. Im Sommer achte ich mehr darauf. Ich würde mich unwohl fühlen, wenn ich unrasiert aus dem Haus gehe. Bei unrasierten Achselhaaren würde ich versuchen mein Arme nicht zu heben und ein lockeres Hemd darüber anziehen, egal ob mir zu heiß wird.

Alicia: Ich mich eigentlich nicht mehr. Vor einem Jahr wahrscheinlich schon noch. Bei einer kurzen Hose und einem Tanktop hätte ich mich zu 100% rasiert. Ich war oft verunsichert.

Klammerauf: Seit ihr deswegen schon einmal schief angeguckt worden oder hat euch jemand blöd angemacht?

Emilia: So weit ich mich erinnern kann nicht direkt. Es gab aber oft Momente, in denen ich die Blicke der anderen spürte, oder Situationen, in denen ich gemerkt habe, dass gelästert wird. Ich habe da auch einige unangenehme Dinge erfahren müssen.

Alicia: Ja, ich auch schon öfters. Einmal wegen meinen Achselhaaren. Ich glaube ich war so um die 16 Jahre alt. Es ist voll arg, wenn man daran denkt, dass Leute es wirklich für nötig halten jemanden deswegen anzusprechen. Damals hat es mich sehr verletzt. Es war mir peinlich. Heute denke ich mir nur, dass mir solche Personen leidtun, die meinen über andere zu urteilen.

Klammerauf: Was würdet ihr eurem Jüngeren Ich zum Thema Körperbehaarung sagen?

Emilia: Stress dich nicht so wegen dem Rasieren. Du hast noch so viel Zeit im Leben. Wenn du dich später dazu entscheidest zu rasieren, mach es aus eigener Motivation und lass dich von keinem beeinflussen. Mach es nicht, weil es die Gesellschaft von dir erwartet. Es geht darum eine eigene Balance zu finden. Dein Körper gehört dir. Du sollst dich wohlfühlen.

Alicia: Mag was DU magst, mach was DU willst. Tue das, was womit du zufrieden bist. Jeder hat Körperhaare und es ist kein „Big Deal“. Du musst dich für keinen verändern. Wahre Freund*innen interessiert es nicht wie viele Haare du wo hast. Also verändere dich für niemanden.

Katzenmami aus Tirol, die sehr glücklich ist in Wien zu sein, denn hier wartet man nicht eine Stunde auf den nächsten Bus. Liebt Sushi und spazieren gehen, wenn sie könnte auch gleichzeitig. Leidenschaftliche Tracht-Haterin, die gerne Gegenstände mit ihren Gedanken bewegen können würde. Hat einen überwundenen Crush auf Niall Horan und freut sich jedes Jahr auf den Dezember, weil da Weihnachten ist.

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