Über die Bedeutung der Emotionsregulation
Wie kontrolliert man die eigenen Gefühle am besten? Wie wichtig ist es, die Kontrolle darüber zu haben und inwieweit lassen sich Emotionen und Gefühle beherrschen? Klammerauf hat mit der Psychotherapeutin, Petra Grilz, über das Thema Emotionsregulation gesprochen und konnte dabei wichtige und interessante Erkenntnisse darüber gewinnen.
Klammerauf: Was hat Sie dazu bewogen die Ausbildung zur Psychotherapeutin beziehungsweise die Karriere zu beginnen?
Petra Grilz: Psychologie war für mich immer schon ein zentrales Thema. Ich habe mich von klein auf immer schon dafür interessiert wie Menschen fühlen, denken und handeln und hatte damals schon eine sehr scharfe Beobachtungsgabe für das Wohlbefinden anderer. Ich begann auch relativ früh Bücher aus diesem Bereich zu lesen, da ich großes Interesse dafür hatte und mich mehr damit beschäftigen wollte.
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Klammerauf: Wie stehen Sie zu Ihrem Beruf und was bedeutet Ihnen Ihre Arbeit?
Petra Grilz: Mir bedeutet meine Arbeit sehr viel. Es ist wichtig, dass man sich mit seinem Beruf identifizieren kann, denn letztendlich will jeder Mensch glücklich sein. Da Arbeit viel Zeit in Anspruch nimmt, ist es sehr wichtig, dass man etwas macht, was man gerne macht. Das man etwas macht, wo man einen Sinn dahinter sieht und wo man etwas bewirken kann. Ich finde es ist eine wunderschöne Tätigkeit, Menschen helfen zu können. Sie dabei zu unterstützen, dass sie mit einschränkenden und hinderlichen Themen anders umgehen können und sie am Weg zu begleiten die Vorstellungen von einem gut gelebten Leben zu realisieren. Ich mag die persönliche Arbeit total gern, also mit Menschen in Kontakt zu sein.
Klammerauf: Welche Rolle spielt die Beziehung zwischen Klient*in/Patient*in und Ihnen in der Psychotherapie?
Petra Grilz: Die therapeutische Beziehung ist ein enormer Wirkfaktor in der Psychotherapie. Es ist praktisch die Basis einer guten Zusammenarbeit. Man bespricht eben sehr persönliche und intime Themen, die oft gar nicht mit Freunden besprochen werden. So etwas setzt sehr viel Vertrauen voraus. Das ist dann eine Beziehung, die man miteinander hat, zwar eine therapeutische, aber eben doch eine, die ein besonderes Naheverhältnis voraussetzt.
Klammerauf: Also für viele ist es einfacher, mit einer fremden Person über schwierige Themen zu sprechen, als mit einer Vertrauten?
Petra Grilz: Ja, auf jeden Fall. Viele Menschen haben Probleme Schwäche zu zeigen. Sie wollen vor Familie und Freunden stark sein, oder niemanden belasten und deshalb verstecken manche, wie es Ihnen wirklich geht. Es fällt vielen daher einfacher, ein intimes und heikles Thema mit einer unbekannten Person zu besprechen.
Klammerauf: Wie gehen Sie damit um, wenn ein*e Klient*in/Patient*in Ihnen etwas sehr heikles erzählt und in Ihnen selbst auch sehr viele Gefühle und Emotionen aufkommen?
Petra Grilz: Manche Menschen denken, dass Psychotherapeut*innen abgehärtet sind und die Distanz immer wahren können. Das passiert aber tatsächlich nie, da es teilweise wirklich harte Schicksalsschläge sind. Oft denkt man, so etwas gäbe es nur im Film und man kann sich oft gar nicht vorstellen dass das die Realität eines Menschen ist mit der sie oder er tagtäglich zu kämpfen hat. Hier ist dann oft der Fall, dass ich selbst in Supervision gehe, also zu einem anderen Psychotherapeuten gehe und mit ihm*ihr darüber spreche, um das selbst verarbeiten zu können.
Man lernt das bereits in der Ausbildung, beziehungsweise in der Selbsterfahrung, wie man am besten mit so etwas umgehen kann. Ich denke das ist schon ein schwieriges Thema.
Klammerauf: Haben Sie auch noch andere Methoden für sich, um damit besser umgehen zu können?
Petra Grilz: In meiner Arbeit ist es irrsinnig wichtig einen Ausgleich zu schaffen. Man wird den ganzen Tag mit einer schweren Kost vertraut gemacht und es ist von großer Wichtigkeit Selbstfürsorge zu betreiben. Ich bin ein Mensch, der sehr gerne in der Natur ist, denn sie gibt mir viel Kraft. Ich betreibe sehr gerne Sport, vor allem Ausdauersport.
Für mich sind meine Freunde von großer Bedeutung, deshalb schaue ich vor allem darauf, dass ich meine sozialen Kontakte pflege. Wenn ich von der Arbeit heimkomme achte ich bewusst darauf, andere Kleidung zu tragen und duschen zu gehen, um den beruflichen Alltag hinter mir zu lassen.
Klammerauf: Wie schaffen Sie es mit den Gefühlen während der Arbeit bewusst umzugehen?
Petra Grilz: Ein Teil der Ausbildung ist die Selbsterfahrung, in welcher man sich selbst sehr gut kennenlernt und somit die eigenen Gefühle besser einordnen kann. Ich denke es ist auch nicht sinnvoll, dass man beim Hören einer dramatischen Geschichte ein versteinertes Gesicht bekommt. Meiner Meinung nach ist es zutiefst menschlich zu sagen, dass einen das selbst berührt, anstatt zu versuchen gegen das Gefühl anzukämpfen. Oft ist es also sinnvoll die Emotionen, die dabei aufkommen, einfach zu thematisieren.
Klammerauf: Manchmal ist es also schon sinnvoll die eigenen Gefühle zu zeigen?
Petra Grilz: Meiner Meinung nach, ja. Für den Patienten ist es auch wichtig, dass er*sie sich beantwortet, bestätigt und verstanden fühlt. Es gibt natürlich auch andere Situationen, wo es sinnvoll ist, die eigenen Gefühle für sich zu behalten. Im Rahmen der Ausbildung entwickelt man ein Verständnis darüber warum ein Mensch ist wie er ist.
Jeder hat eine Geschichte, also eine Vergangenheit, die dazu führt wie ein Mensch denkt, fühlt und handelt. Wenn man das auf einer Verständnisebene betrachtet, kann man anders damit umgehen.
Klammerauf: Welche Methoden nutzen Sie selbst, um Gefühle und Arbeit zu trennen?
Petra Grilz: Selbstfürsorge ist hierbei ein großes Thema. Zu wissen, was ich heute für mein körperliches, emotionales und geistiges Wohlbefinden getan habe. Es hilft abends darüber nachzudenken, was heute unnötig viel Kraft und Energie gekostet hat. Ich stelle mir dann selbst die Frage, wie ich das in Zukunft anders gestalten kann, oder was mir heute Freude bereitet hat und wie ich das zukünftig in meinen Alltag öfters integrieren könnte. Für mich ist es wichtig eine Reflexion über den Tag zu machen.
Um die Gedanken aus der Arbeit hinter mir zu lassen, unternehme ich gerne unterhaltsame Aktivitäten, betreibe Sport, nehme ein entspannendes Bad oder gehe in die Sauna. Das hilft, um mit sich selbst wieder in die Mitte zu kommen. Manchmal ist es aber auch so, dass man nach der Arbeit noch darüber nachdenkt, wie schwer es manche Menschen haben und es einen einfach mit nach Hause begleitet. Deshalb ist es auch sehr wichtig selbst Psychohygiene zu betreiben.
Klammerauf: Was ist Ihrer Meinung nach wichtig, um die eigenen Gefühle und Emotionen entsprechend regulieren zu können?
Petra Grilz: Es ist von großer Bedeutung, dass man sich selbst gut kennt. Das man unterscheiden kann, ob man auf etwas reagiert, was mit einem selbst zutun hat oder eben nicht mit einem selbst. Man muss ein gutes Verständnis für sich selbst entwickeln, um die Dinge aus einer anderen Ebene betrachten zu können. Das lernt man aber im Laufe der Ausbildung und natürlich auch da man Erfahrungen sammelt.
Klammerauf: Also braucht es einfach Zeit bis man sich selbst voll unter Kontrolle hat?
Petra Grilz: Ich glaube es ist gar nicht notwendig sich selbst immer komplett unter Kontrolle zu haben. Ein Gefühl hat einen Signalcharakter. Psychisches Wohlbefinden ist ein Fehlen von negativen Emotionen. Wenn ich also negative Emotionen spüre, sind das Signale, die mir zeigen, was mir fehlt oder was ich brauche.
Es ist ähnlich wie bei der Tankleuchte im Auto, wenn sie aufleuchtet weiß ich, dass ich das Auto tanken gehen muss. Wenn ich merke, dass ich ärgerlich bin, gibt es einen Grund dafür. Es ist wichtig zu erkennen, welches Bedürfnis hinter einem Gefühl steckt. Wenn man erkennt, welches Bedürfnis momentan verletzt ist, kann man was dagegen tun, um sich wieder wohl zu fühlen. Meiner Meinung nach ist da Psychohygiene sehr wichtig, also lernen zu erkennen, was ich brauche, um mich wieder wohlzufühlen. Man muss praktisch wissen was man braucht, dass es einem besser geht.