Wie verhütet Mann?

Weltweit ist Verhütung größtenteils Frauensache. Zum Thema “Sexualität und Verhütung“ fand die Deutsche Stiftung Weltbevölkerung heraus, dass in allen Gesellschaften in der Regel die Frau Verantwortung bei der Verhütung  übernimmt. Welche Möglichkeiten gibt es überhaupt für den Mann zu verhüten ? – Klammerauf hat mit Nico gesprochen, ein Mann der mit der Vasektomie die Verhütung selbst in die Hand genommen hat. 

Googelt man Verhütungsmethoden werden einem sofort unzählige Methoden von hormoneller über natürlicher bis zur Notfallverhütung vorgeschlagen. Alle haben eines gemeinsam: Sie sind für Frauen. Für Männer ist die Suche nach einer geeigneten Methode schnell vorbei. Bei der Verhütung für den Mann gibt es trotz jahrelanger Forschung kaum Fortschritte und bisher hat es noch keine neue Methode auf den Markt geschafft. 

WAS GIBT’S AUF DEM MARKT?

Wir kennen es alle : das Kondom! Der Gummischutz ist wohl das bekannteste und laut einer Studie der BZgA auch beliebteste Verhütungsmittel für Männer. Es ist einfach zugänglich und leicht in der Handhabung. Zusätzlich ist es das einzige Verhütungsmittel, welches auch vor sexuell übertragbaren Krankheiten schützt. Leider hat auch diese Verhütungsmethode Schattenseiten – Stealthing zum Beispiel. So wird es genannt, wenn beim Sex heimlich und ohne Konsens des Gegenübers das Kondom abgezogen oder ein  absichtlich beschädigtes Kondom verwendet wird. Bei Stealthing handelt es sich also um sexuellen Missbrauch und Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung. Neben dem Kondom gibt es noch ein zweites und auch letztes Verhütungsmittel – die Vasektomie. Darüber haben wir mit dem 28-jährigen Nico gesprochen, der vor wenigen Monaten eine Vasektomie durchführen lassen hat. 

“SCHNIPP-SCHNAPP” SAMENLEITER AB

Die Vasektomie ist eine relativ endgültigen Entscheidung und ob dabei von einer Verhütungsmethode, wie dem Kondom, gesprochen werden kann ist fraglich, erklärt uns Nico. Bei der Vasektomie oder Sterilisation des Mannes werden die Samenleiter durchtrennt. Es ist ein kleiner operativer Eingriff, der ungefähr eine knappe halbe Stunde dauert. Nico erzählt uns, dass der Eingriff mit einer lokalen Betäubung durchgeführt wird, man also keine Vollnarkose benötigt. Auch zum Thema Angst vor Schmerzen während oder nach der Operation haben wir Nico befragt. Dieser lacht und meint wer keine Angst vor der Nadel für die Teilnarkose hat, muss sich auch keine Sorgen wegen Schmerzen bei dem Eingriff machen. Eine Woche musste er sich danach ausruhen und auf Sport verzichten. Wie viele andere Paare verhüteten Nico und seine damalige Freundin mit Kondom. Nachdem es jedoch ein paar Mal gerissen ist und Nicos Freundin sich die Pille danach holen musste, hat es bei ihm Klick gemacht, schildert Nico. Er wollte sich nach etwas umschauen, was sicherer ist und bei dem er die Verantwortung übernehmen kann. 

“Ich habe mich immer schlecht gefühlt, wenn meine Partnerin die Nebenwirkungen der Pille danach und das

unangenehme Gespräch in der Apotheke über sich ergehen lassen musste.” – Nico

Portrait von Nico

Nico © iStock

Bevor Nico sich für eine Vasektomie entschieden hatte, meldete er sich als Proband für die Studie zu einem Samenleiterventil an. Über eine Freundin erfuhr Nico von dem Projekt und “es hat einfach für mich Sinn ergeben”, so Nico. Der sogenannte SpermSwitch ist eine Erfindung des Schweizers Clemens Bimek und eine Langzeitverhütungsmethode. Aufgrund von fehlenden Investor*innen konnte es noch nicht zu einer klinischen Studie kommen und Nico entschied sich deshalb für eine Vasektomie. 

Wenn man eine Vasektomie macht, wird einem davor ganz klar gesagt, dass man grundsätzlich keine eigenen Kinder mehr bekommen kann, schildert Nico. Es gibt zwar die Refertilisierung, eine Operation zur Wiederherstellung der Fruchtbarkeit, aber mit “nur” 50-70% Erfolgschance. Nico erläutert, dass in ihm nicht der Wunsch brennt, eigene Kinder zu bekommen. Er könnte sich eher eine Adoption vorstellen. Nico erzählt uns, dass er mit seiner Entscheidung zur Vasektomie zufrieden ist und es nicht bereut. Dennoch findet er es schade, dass ihm die Entscheidung für welche Langzeitverhütungsmethode er sich entscheiden möchte, durch fehlende finanzielle Mittel und Investor*innen einfach so abgenommen wurde.    

“Mir ist schnell klar geworden, dass ohne das nötige Geld so bald keine neuen Verhütungsmethoden auf den Markt kommen werden.” – Nico

WO KEIN WILLE, DA KEIN WEG

Neben dem SpermSwitch sind auch das Vasalgel oder das Hormongel vielversprechende Innovationen, an denen gearbeitet wird. Fast allen fehlt es aber an finanzieller Unterstützung. Es ist ein sich wiederholender Teufelskreis. Wissenschaftler*innen stellen ein Konzept für eine männliche Verhütungsmethode vor. Mit Glück und Geld können sie eine Studie durchführen und die Ergebnisse hören sich aussichtsreich an. Trotzdem werden Studien und Projekte dazu eingestellt. So auch bei der Verhütungsspritze. Diese männliche Verhütungsmethode gilt als gleich sicher, wie die Pille für die Frau und erfordert jedes zwei Monate eine Spritze. Jeder zehnte Teilnehmer klagte über Nebenwirkungen wie Stimmungsschwankungen, Akne und erhöhte Libido. Das kommt den meisten Frauen, die hormonelle Verhütungsmittel einnehmen wahrscheinlich bekannt vor. Nur, dass bei der Einnahme von der Pille laut der Zava Studie neun von zehn Frauen über ähnliche Nebenwirkungen klagen wie die Teilnehmer der Studie zu der Verhütungsspritze. Aus ethischen Gründen beendete die Weltgesundheitsorganisation (WHO) dieses Projekt. 

Neben den ethischen Bedenken, sieht Bayer, eines der größten Pharmaunternehmen, kein Interesse daran, an männlichen Verhütungsmethoden zu forschen. Es bestünde laut Bayer seitens der Männer keine Bereitschaft. Laut einer Studie aus dem Jahr 2005 sind jedoch 61% der 9000 befragten Männer in 30 Schwellen- und Industrieländern bereit mehr Verantwortung bei der Verhütung zu übernehmen. Mit der Antibabypille machte Bayer letztes Jahr rund 681 Millionen Euro Umsatz. Das Unternehmen brach alle Studien zu männlichen Verhütungsmethoden ab. Neue sind nicht geplant.

NICHT VERZAGEN, KLAMMERAUF FRAGEN!

Mann kann momentan also echt nicht viel machen, oder? Nein, auch wenn es zur Zeit nur zwei männliche Verhütungsmittel auf dem Markt gibt, muss man als Mann nicht zwingend eine passive Rolle beim Thema Verhütung einnehmen. Wenn man seiner*m Partner*in unter die Arme greifen möchte, könnte man anbieten einen Teil, die Hälfte oder die kompletten Kosten für Pille, Spirale, Ring, etc. zu übernehmen. Neben finanzieller Unterstützung, ist es außerdem hilfreich empathisch zu sein. Bei Stimmungsschwankungen aufgrund von hormonellen Verhütungsmittel, kann man fürsorglich und vor allem verständnisvoll sein. Zusätzlich kann man seiner Partnerin eine große Hilfe sein, wenn man bereit ist Kompromisse einzugehen. Schließlich sollte die Wahl der Verhütungsmethode eine gemeinsame Entscheidung sein.  

Ella Choutka [Kotka]: Vom 4000-Einwohner*innen-Dorf in Deutschland in die Metropole Wien. Frohnatur, die die größte Freude in den kleinen Dingen findet. So auch der perfekte Abend mit einem Gläschen Aperol und homemade Lasagne. Ihr Energietank füllt sich bei neuen Erlebnissen und in Gesellschaft anderer.

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